Rehabilitation

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Quelle: DHS

 

Empfehlungsvereinbarung

über die ambulanten medizinischen Leistungen zur Rehabilitation Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängiger

zwischen

dem AOK-Bundesverband
dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen,
dem Bundesverband der Innungskrankenkassen,
der See-Krankenkasse,
dem Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen,
der Bundesknappschaft,
dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V.,
dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. ,

und

dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger,
dem Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterklassen
(Empfehlungsvereinbarung Ambulante Rehabilitation Sucht)
vom 29. Januar 1991 in der Fassung vom 5. November 1996

 

Präambel

Die Empfehlungsvereinbarung verfolgt das Ziel, die Durchführung ambulanter medizinischer Leistungen zur Rehabilitation für Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängige in qualifizierten Einrichtungen zu ermöglichen bzw. zu verbessern. Sie geht davon aus, daß es im Zusammenhang mit der Rehabilitation sinnvoll ist, an Selbsthilfegruppen teilzunehmen.

 

§ 1 Gegenstand

(1) Die Vereinbarung regelt die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Gewährung ambulanter medizinischer Leistungen zur Rehabilitation für Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängige, wenn Leistungen der Krankenversicherung und/oder der Rentenversicherung in Betracht kommen.

(2) Eine Abhängigkeit im Sinne der Vereinbarung liegt vor bei

  • Unfähigkeit zur Abstinenz oder
  • Verlust der Selbstkontrolle oder
  • periodischem Auftreten eines dieser beiden Symptome.

 

§ 2 Ziel der ambulanten medizinischen Leistungen zur Rehabilitation

Ziel der ambulanten medizinischen Leistungen zur Rehabilitation ist:

  • Abstinenz zu erreichen und zu erhalten,
  • körperliche und seelische Störungen weitgehend zu beheben oder auszugleichen und
  • die möglichst dauerhafte Wiedereingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu erreichen.

 

§ 3 Zuständigkeit

Für die Gewährung der ambulanten medizinischen Leistungen zur Rehabilitation ist zuständiger Rehabilitationsträger:

  1. der Rentenversicherungsträger, wenn die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und die persönlichen Voraussetzungen der §§ 10, 11 SGB VI erfüllt sind,
  2. die Krankenkasse, wenn die Voraussetzungen der Nr. 1 nicht vorliegen und die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 SGB V i.V.m. §§ 27 und 43 Nr. 2 SGB V erfüllt sind.

 

§ 4 Voraussetzungen der ambulanten medizinischen Leistungen zur Rehabilitation

(1) Ambulante medizinische Leistungen zur Rehabilitation kommen in Betracht für

  • Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängige, für die angesichts des bisherigen Krankheitsverlaufes und aufgrund ihrer sozialen Situation eine stationäre Leistung zur Rehabilitation derzeit nicht indiziert ist;
  • Teilnehmer an einer stationären Leistung zur Rehabilitation, wenn die Entwöhnung noch nicht abgeschlossen, aber so weit fortgeschritten ist, daß sie nicht mehr stationär erfolgen muß.

(2) Voraussetzungen für ambulante medizinische Leistungen zur Rehabilitation sind:

  • Bereitschaft und Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit und regelmäßigen Teilnahme müssen gegeben sein;
  • vor Beginn der ambulanten medizinischen Leistungen zur Rehabilitation muß erforderlichenfalls eine Entzugsbehandlung durchgeführt sein;
  • Maßnahmen der Beratung und Motivation müssen vorangegangen sein.

(3) Ambulante medizinische Leistungen zur Rehabilitation entfallen, wenn schwere Störungen auf seelischem, körperlichem oder sozialem Gebiet bestehen, die eine erfolgreiche ambulante Rehabilitation in Frage stellen. *)

*) Siehe auch: Gemeinsame Leitlinien der Kranken- und Rentenversicherungsträger für die Entscheidung zwischen ambulanter und stationärer Entwöhnung bei Abhängigkeitserkrankungen vom 9. März 1995

 

§ 5 Anforderungen an die Einrichtungen zur Durchführung ambulanter medizinischer Leistungen zur Rehabilitation

(1) Die Einrichtung muß ein wissenschaftlich begründetes Therapiekonzept vorlegen, das u.a. Aussagen zum diagnostischen Vorgehen, zu den Leistungen und zu den therapeutischen Zielen einschließlich der Leistungsdauer enthält. In dem Konzept ist auch darzustellen, wie die ambulante Entwöhnung in das gesamte Programm der Rehabilitation Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängiger integriert ist. Die Einrichtung muß außerdem bereit sein, sich an Qualitätssicherungsprogrammen einschließlich Effektivitätskontrollen zu beteiligen und zu diesem Zwecke die durchgeführten Leistungen zu dokumentieren.

Die Einrichtung muß unabhängig von dem im Rahmen der Rehabilitation finanzierten Leistungsspektrum über ein integriertes Programm zur Betreuung Abhängigkeitskranker im ambulanten Bereich verfügen. Zu dem integrierten Programm der Einrichtung gehören insbesondere

  • Prävention
  • Diagnostik und Indikationsstellung
  • Motivationsklärung und Motivierung
  • therapeutische Einzel- und Gruppengespräche
  • Beteiligung der Bezugspersonen am therapeutischen Prozeß
  • begleitende Hilfen im sozialen Umfeld
  • Krisenintervention
  • Vorbereitung der stationären Leistungen zur Rehabilitation
  • Zusammenarbeit im Therapieverbund (ambulante und stationäre Einrichtungen)
  • Hilfe zur Selbsthilfe.

Die Einrichtung kann auch gemeinsam von verschiedenen Trägern der Suchtkrankenhilfe im Verbund organisiert sein.

(2) In der Einrichtung müssen auf dem Gebiet der Suchtkrankenarbeit qualifizierte und erfahrene

  • Ärzte
  • Diplom-Psychologen und
  • Diplom-Sozialarbeiter/Diplom-Sozialpädagogen/li>

regelmäßig und verantwortlich mitarbeiten.

(3) Mindestens 3 therapeutische Mitarbeiter, in der Regel Diplom-Psychologen und Diplom-Sozialarbeiter/Diplom-Sozialpädagogen, müssen hauptamtlich in der Einrichtung tätig sein.

(4) Zu den Aufgaben des Arztes gehören vor allem:

  • Anamneseerhebung, allgemeinärztliche Untersuchung
  • Informationsaustausch mit niedergelassenen Ärzten
  • ggf. Empfehlung weiterer Diagnostik und Therapie sowie Kontakt mit den behandelnden Ärzten
  • Indikationsstellung
  • Teilnahme an Fall- und Teambesprechungen
  • ggf. Zwischenuntersuchung
  • Abschlußuntersuchung
  • Verantwortliches Erstellen eines qualifizierten Entlassungsberichtes im Zusammenwirken mit den anderen Therapeuten.

Die vertragsärztliche Versorgung bleibt unberührt.

(5) Die Therapeuten nach Abs. 3 müssen eine geeignete Weiterbildung auf psychotherapeutischer Grundlage haben. Als Weiterbildung kommen z.B. in Betracht:

  • Weiterbildung zum Suchtkrankentherapeuten/Sozialtherapeuten oder
  • Weiterbildung zum Gesprächspsychotherapeuten oder
  • Weiterbildung zum Verhaltenstherapeuten oder
  • für Ärzte auch der Erwerb einer von den Ärztekammern anerkannten psychotherapeutischen Weiterbildung.

(6) Regelmäßige Fortbildung und externe Supervision des therapeutisch tätigen Personals sind sicherzustellen.

 

§ 6 Verfahren

(1) Voraussetzungen für die Einleitung ambulanter medizinischer Leistungen zur Rehabilitation sind – vorbehaltlich der Abs. 3 und 4 –

  1. ein Antrag des Versicherten,
  2. ein ärztliches Gutachten und
  3. ein Sozialbericht auf Vordruck.

Die Entscheidung über den Antrag obliegt dem zuständigen Rehabilitationsträger. Sie erfolgt kurzfristig nach Vorliegen der vollständigen Antragsunterlagen.

(2) Verlauf und Ergebnis der ambulanten medizinischen Rehabilitation sind von der Einrichtung zu dokumentieren und dem Rehabilitationsträger in Form eines qualifizierten Entlassungsberichts zuzuleiten.

(3) Kommt ein Übergang von ambulanten zu stationären Leistungen in Betracht, so ist eine schriftliche Zustimmungserklärung des Versicherten erforderlich. Ferner ist dem Rehabilitationsträger zur Entscheidung rechtzeitig ein Zwischenbericht im Sinne eines vorläufigen Entlassungsberichtes zuzuleiten, der insbesondere zu dem Verlauf der bisherigen Maßnahmen, den Gründen für ihre Beendigung und der Notwendigkeit und Erfolgsaussicht eines Übergangs zu stationären Leistungen Stellung beziehen muß. Der Bericht muß auch die Angaben enthalten, die in einem Sozialbericht vorgesehen sind. Hinsichtlich der Entscheidung über den Übergang gilt Abs. 1 Satz 2 entsprechend.

(4) Kommt ein Übergang von stationären zu ambulanten Leistungen in Betracht, so ist neben der schriftlichen Zustimmungserklärung des Versicherten ein Zwischenbericht im Sinne eines vorläufigen Entlassungsberichtes der Einrichtung erforderlich, in der die vorangegangene stationäre Entwöhnung durchgeführt wurde. In dem Bericht ist die Notwendigkeit einer ambulanten Fortführung zu begründen und insbesondere darzulegen, warum der Anschluß an eine Selbsthilfe- bzw. Abstinenzgruppe für den Abhängigkeitskranken nicht ausreicht. Abs. 3 Sätze 3 und 4 gelten entsprechend.

 

§ 7 Leistungen und Finanzierung

(1) Ambulante medizinische Leistungen zur Rehabilitation werden für einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten erbracht.

(2) Werden ambulante medizinische Leistungen zur Rehabilitation bewilligt, gewähren die Rehabilitationsträger zunächst die Durchführung von höchstens 80 therapeutischen Einzel-/Gruppengesprächen.

Ein therapeutisches Gruppengespräch dauert grundsätzlich 100 Minuten, ein therapeutisches Einzelgespräch grundsätzlich 50 Minuten.

In begründeten Einzelfällen können die Rehabilitationsträger innerhalb des Leistungszeitraums nach Abs. 1 bis zu 40 weitere therapeutische Einzel-/Gruppengespräche bewilligen.

(3) Soweit erforderlich, erfolgt eine Bewilligung von höchstens 12 therapeutischen Einzel-/Gruppengesprächen für Bezugspersonen innerhalb des Leistungszeitraums nach Abs. 1.

(4) Die Kosten für die ambulanten medizinischen Leistungen zur Rehabilitation werden pauschaliert übernommen.

 

§ 8 Auswahl der Einrichtungen

Die Träger der Kranken- und Rentenversicherung schließen entsprechend dem Bedarf mit den Trägern von Einrichtungen, soweit diese geeignet sind und die Voraussetzungen nach dieser Empfehlungsvereinbarung erfüllen, Vereinbarungen über die Durchführung ambulanter medizinischer Leistungen zur Rehabilitation.

 

§ 9 Erfolgskontrolle

Die Partner der Empfehlungsvereinbarung werden nach Ablauf von 5 Jahren nach Inkrafttreten der Vereinbarung überprüfen, ob sich diese in der Praxis bewährt hat.

 

§ 10 Inkrafttreten

(1) Die Empfehlungsvereinbarung in der Neufassung vom 5. November 1996 tritt am 1. Juni 1997 in Kraft.

(2) Die Vereinbarung kann mit dreimonatiger Frist zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden.

 

§ 11 Empfehlungsvereinbarung Nachsorge

(1) Die Empfehlungsvereinbarung über die Förderung der Nachsorge für Abhängigkeitskranke nach einer stationären Entwöhnungsbehandlung (Empfehlungsvereinbarung Nachsorge) vom 18. März 1987 ist zum 31. März 1991 außer Kraft getreten.

(2) Die in der Empfehlungsvereinbarung Nachsorge vom 18. März 1987 geregelten Leistungen werden ab 1. April 1991 nach der Empfehlungsvereinbarung Ambulante Rehabilitation Sucht erbracht.