Alkoholismus, medikamentöse Suchttherapie Teil 17

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Abhängigkeitserkrankungen – Alkoholabhängigkeit

Alkoholismus, Alkoholabhängigkeit, medikamentöse Suchttherapie
Seite 17

Was ist eine medikamentöse Therapie und welche Erfolgsaussichten bestehen?

Gelegentlich wird versucht, die Abstinenz vom Alkohol durch Medikamente zu unterstützen, die das Verlangen nach dem Suchtmittel verringern. Eine medikamentöse Behandlung ersetzt keine Suchttherapie, sondern ist nur als Therapiehilfe zu verstehen. Der Betroffene muss bereit sein, sein Leben und seine Verhaltensweisen grundsätzlich zu ändern. Eine dauerhafte abstinente Lebensweise ist nur möglich ist, wenn die Ursachen und die Bedingungen der Sucht verändert werden. Die Einnahme von Medikamenten allein führt nicht zur Abstinenz und verhindert keine Rückfälle.

Lange Zeit stand in der Entwöhnungsbehandlung alkoholabhängiger Patienten Disulfiram (Antabus®) als einzige pharmakotherapeutische Behandlungsoption zur Auswahl. Trinkt man bei Einnahme dieses Mittels Alkohol, treten Störungen wie z. B. Gesichtsrötung, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen und Blutdruckabfall auf. Diese Zustände sind so unangenehm, dass viele Betroffene nicht mehr trinken. Da einige Alkoholiker jedoch trotz dieser Störungen weiter trinken und die Gefahr gesundheitlicher Schäden besteht, wird Antabus heute kaum noch verwendet.

Im Gegensatz zur pharmakologischen Aversivtherapie mit Disulfiram und der Behandlung von Alkoholentzugssyndromen oder Komplikationen des Alkoholismus mittels klassischer Psychopharmaka, sollen so genannte Antidipsotropika oder Anticraving-Substanzen die Abstinenzquoten erhöhen und die Rückfallraten vermindern. Zu denken ist hier in erster Linie an Acamprosat sowie Naltrexon, die selektiv jene neuronalen Systeme beeinflussen, die an der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Abhängigkeitserkrankungen beteiligt sind.

Antidipsotropika sollten neben einer Erhöhung der Abstinenzquoten und einer Verminderung der Rückfallraten folgende Anforderungen erfüllen (Soyka, 1999):

  • keine psychotropen Effekte bzw. Nebenwirkungen,
  • kein Suchtpotential,
  • keine Interaktion mit Alkohol,
  • günstiges Nebenwirkungsprofil (insbesondere nicht hepatotoxisch),
  • Einsatz bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand möglich.

In einer Metaanalyse der Ergebnisse klinischer Studien zu den Wirkungen von Acamprosat und Naltrexon kommt Rösner (2006) zu dem Ergebnis, dass Acamprosat Vorteile bei der abstinenzunterstützenden Wirkung zeigt und Naltrexon besser geeignet ist, einem Rückfall zu unkontrolliertem Trinken vorzubeugen. Das Risiko eines Abstinenzverstoßes wird durch Acamprosat im Vergleich zur Kontrollgruppe um 16,0 %, das Risiko eines Rückfalls zu unkontrolliertem Trinken durch Naltrexon um 21,0 % vermindert, d. h. bei acht mit Acamprosat oder Naltrexon behandelten Patienten, kann in einem Fall einem Abstinenzverstoß bzw. Rückfall vorgebeugt werden (Rösner, 2006).

Beim Einsatz von Antidipsotropika ist jedoch, wie bereits zuvor ausgeführt, zu bedenken, dass sie weder die anderen Therapieformen noch die Motivation des Betroffenen ersetzen. Anticraving-Substanzen können nur in einem bestehenden therapeutischen Umfeld einen Beitrag zur Rückfallverhütung leisten. Voraussetzung für eine medikamentöse Therapie ist, dass der Alkoholkranke sich und anderen seine Sucht eingesteht, sie als Krankheit akzeptiert und sich mit dieser Krankheit auseinandersetzt.